Décharge erteilt, Verantwortung erledigt – das glauben viele Verwaltungsräte jeweils nach der Generalversammlung. Ein wegweisendes Bundesgerichtsurteil zeigt auf, dass gewisse Verantwortlichkeiten und Haftungsrisiken von Verwaltungsräten lebenslänglich gelten. Zwei betagte Ex-Verwaltungsräte der Horgner Papierfabrik müssen dem Kanton über 2 Millionen Franken bezahlen. Aus eigener Tasche.
Der Bundesgerichtsentscheid im Fall der Papierfabrik Horgen hat weitreichende Konsequenzen für zwei ehemalige Verwaltungsräte. Das Gericht hat ein Urteil des Zürcher Handelsgerichts bestätigt, wonach die beiden Verwaltungsräte dem Kanton Zürich 2,15 Millionen Franken als Beitrag zur Sanierung des Zürichsee-Bodens zahlen müssen. Der Rest bleibt an den Steuerzahlerinnen und -zahlern hängen.
Die Papierfabrik Horgen hatte von 1947 bis 2006 Papier hergestellt und dabei bis mindestens 1963 Papierschlamm in den Zürichsee geleitet. Im Jahr 2008 kündigte der Kanton an, dass das Unternehmen einen Grossteil der Sanierungskosten für die Altlasten-Beseitigung am Seeboden übernehmen müsse.
“nicht so verhalten, wie sich vernünftige Organmitglieder verhalten würden”
Trotz dieser drohenden Millionenforderung beschlossen die Verwaltungsräte 2011 Barausschüttungen und Abtretungen von Darlehen in Höhe von 2,15 Millionen Franken. Das Bundesgericht befand, dass dadurch das Vermögen Papierfabrik, die 2019 in Konkurs ging, pflichtwidrig verringert wurde. Das Gericht argumentierte, dass die Verantwortlichen angesichts der zu erwartenden Forderungen Rückstellungen hätten bilden müssen, anstatt das Unternehmensvermögen zu vermindern.
Die Verwaltungsräte hätten sich “nicht so verhalten, wie sich vernünftige Organmitglieder verhalten würden” steht im Urteil.
Dieser Fall unterstreicht die erhebliche Verantwortung von Verwaltungsräten und die möglichen finanziellen Konsequenzen bei Pflichtverletzungen über die Décharge der Aktionäre und den Tod der Kolleginnen und Kollegen hinaus. Er zeigt auch die Bedeutung vorausschauenden Handelns in Unternehmen bezüglich ökologischer Risiken mit ihren langfristigen, finanziellen Folgen. Den Schaden müssen jetzt jene beiden Verwaltungsräte tragen, die noch am Leben sind.
Solidarhaftung lebenslänglich.
Darum ist der Fall nicht verjährt
In diesem Fall gab es aus mehreren Gründen keine Verjährung:
- Fortdauernde Pflichtverletzung: Die Verwaltungsräte unterließen es kontinuierlich, notwendige Rückstellungen für die zu erwartenden Sanierungskosten zu bilden, obwohl sie spätestens seit 2008 von der möglichen Millionenforderung des Kantons wussten. Diese andauernde Pflichtverletzung verlängerte den Beginn der Verjährungsfrist.
- Strafrechtliche Komponente: Der Kanton Zürich reichte 2020 eine Strafanzeige gegen die Verwaltungsräte wegen ungetreuer Geschäftsbesorgung und Urkundenfälschung ein. Bei Ansprüchen aus strafbaren Handlungen gilt die längere strafrechtliche Verjährungsfrist, was den Zeitraum für zivilrechtliche Ansprüche verlängert haben könnte.
- Konkurseröffnung: Der Konkurs der Papierfabrik Horgen wurde 2019 eröffnet. Die Konkurseröffnung kann in bestimmten Fällen die Verjährung unterbrechen oder hemmen.
- Aktive Rechtsverfolgung: Der Kanton Zürich verfolgte seine Ansprüche aktiv durch verschiedene rechtliche Schritte, einschließlich der Strafanzeige und der Klage beim Handelsgericht Zürich. Solche Handlungen können die Verjährung unterbrechen.
Diese Faktoren zusammengenommen führten dazu, dass die Ansprüche gegen die Verwaltungsräte nicht verjährten und das Bundesgericht sie zur Zahlung von 2,15 Millionen Franken verurteilen konnte.
Darum war die Décharge nicht wirksam
Eine Entlastung durch die Aktionäre kann generell nicht wirksam sein, wenn sie Handlungen betrifft, die die Interessen der Gesellschaft oder ihrer Gläubiger schädigen, oder wenn sie auf unvollständigen oder falschen Informationen beruht. Im vorliegenden Fall haben die Verwaltungsräte offenbar gegen ihre Sorgfaltspflicht verstossen und das Gesellschaftsvermögen zum Nachteil der Gläubiger vermindert, was eine wirksame Entlastung ausschliesst.
Der Artikel entstand dank einem Hinweis von Sabine Bosshard und wurde zusammengestellt von Esther-Mirjam de Boer mithilfe von Perplexity AI, die dafür auf öffentliche Quellen und Medien zugreift. Es wurde keine Juristin zur Überprüfung der rechtlichen Einschätzung beigezogen. Die gemachten Angaben sind möglicherweise rechtlich ungenau – Feedback ist selbstverständlich willkommen.