Digital & Real: 8 Trends für 2025

Welche Trends werden im neuen Jahr für VR-Mitglieder und Geschäftsleitungen relevant? Die Fülle der Trendreports ist unübersichtlich. Deshalb hat Strategieberater und Medienexperte Konrad Weber zum vierten Mal in Folge 30 führende Trendreports analysiert und die wichtigsten Erkenntnisse für Brainboards zusammengefasst. 

Die zunehmende Komplexität und Dynamik der Märkte machen es für Verwaltungsratsmitglieder unerlässlich, frühzeitig auf kommende Veränderungen vorbereitet zu sein. Strategische Foresight-Methoden und die systematische Auseinandersetzung mit Trends bieten entscheidende Impulse, um strategische Weichenstellungen zukunftsorientiert und resilient zu gestalten.

In den letzten Wochen wurden unzählige Trend-Reports und Ausblicke für 2025 veröffentlicht. Ein idealer Zeitpunkt, um etwas genauer hinzuschauen und zu vergleichen: Welches sind die tatsächlichen Trends, die sich fürs neue Jahr abzeichnen – und wo handelt es sich hauptsächlich um Hypes und guten Marketing-Sprech?

Dafür hat der unabhängige Strategieberater und Foresight-Experte Konrad Weber über 30 Jahresausblicke und Trend-Reports analysiert und miteinander verglichen. Hier präsentiert er eine Auswahl der acht wichtigsten Trends und wie sich VR- und GL-Mitglieder darauf vorbereiten können. Eine Sammlung aller Originalquellen finden Sie hier. 

Trend 1:
Vertrauensverlust und Zöger-Reflex

Eine Mehrheit der Menschen zweifelt zunehmend an der Echtheit digitaler Inhalte. Der Umgang mit Fake-Inhalten wird 2025 eine zentrale Herausforderung für Unternehmen aus sämtlichen Branchen. Dieser Vertrauensverlust führt zu einem «Zöger-Reflex» und betrifft bei weitem nicht nur die Informationssuche, sondern auch Kaufentscheidungen, Produktbewertungen und soziale Interaktionen. Für Organisationen wird die Abwägung zwischen technologischer Innovation und konservativer Risikovermeidung immer schwieriger. VR-Mitglieder spielen hier in der Güterabwägung eine wichtige Rolle.

Quellen: Accenture Life Trends 2025, Kantar Media Trends & Predictions 2025, NiemanLab Predictions for Journalism 2025.

Trend 2:
Plattform-Deals statt Konflikte

Stellte 2023 das Jahr des Hypes dar, machte sich 2024 die Ernüchterung breit: Die Rede ist von KI-Entwicklungen in Unternehmen und dem damit zusammenhängenden Umgang mit den grossen Tech-Playern. Unterschiedliche Strategien im Umgang mit den Big-Tech-Unternehmen zeichnen sich ab: technische Blockaden, juristische Klagen oder vertragliche Kooperationen. Die Bandbreite an unterschiedlichen Ansätzen im Umgang mit KI-Strategien zeigt eines: Reichweiten-getriebene Absatzmodelle haben im Digitalen ausgedient. Nun sind individuellere, auf Basis von KI-Anwendungen entwickelte Absatzmodelle notwendig. Inwiefern sich offensive oder defensive Ansätze im Umgang mit Tech-Plattformen auszahlen, wird sich in den nächsten Monaten weisen. 

Quellen: Dentsu Media Trends 2025, FIPP Innovation in Media 2024-2025, Future Today Institute 2025 Macro Themes, Zukunftsreport 2025 des Zukunftsinstituts.

Trend 3:
KI-Agenten im Alltag

2024 war das Jahr der Prompts und Chatbots. Nun vollzieht sich der Übergang von KI-Tools mit isolierten Aufgaben hin zu autonomen, agentenbasierten Lösungen. Erste Schritte in diese Richtung wurden mit der Präsentation der Apple Intelligence und ChatGPT-Integration in die Smartphone-Suche bereits sichtbar. Langfristig sollen personalisierte Agenten, sogenannte PLAMs (Personal Large Action Models), nahtlos in digitale und reale Lebensbereiche integriert sein (z.B. via Apps, smarten Haushaltsgeräten oder Fahrzeugen). Diese Agenten lernen aus unserem Verhalten, agieren ohne bewusste Eingaben und respektieren gleichzeitig Datenschutz und persönliche Präferenzen. Doch die Herausforderungen sind noch immer immens: Die Integration von KI-Modellen in unseren Alltag erfordert mehr Rechenleistung, eine bessere Datenbasis und spezifische Expertise in der Anwendung. 

Quellen: Dentsu Media Trends 2025, Deloitte Technology Predictions 2025, Forrester Prognosen 2025, Top Tech Trends 2025 von Capgemini.

Trend 4:
Suche 4.0 – Antworten statt Resultate

Die traditionelle Internetsuche hat ausgedient: Mit der rasanten Ausbreitung der neuen KI-Suchmöglichkeiten (ChatGPT Search, Perplexity und Gemini) endet die Art, wie wir traditionell im Netz nach Informationen suchen. Dass wenige Schlüsselwörter eine Reihe unspezifischer Resultate liefern, fühlt sich schon heute anachronistisch an. Daraus entsteht ein neues Nutzungsbedürfnis: Die schnelle Verfügbarkeit nach der individuellen «klaren» Antwort auf jede mögliche Frage. Organisationen müssen deshalb kleinere und personalisierte Zugänge in ihren Absatzkanälen schaffen. Zugleich sind neue Wege der Zielgruppen-Bindung gefragt, bei welchen die authentische Beziehung und Ritualisierung an erster Stelle stehen.

Quellen: Digital Trends 2025 von IMG, Wayfinder Trends Report 2025, journalism.co.uk Predictions 2025.

Trend 5:
Digital wird alles zum Marktplatz

Die Grenzen zwischen Informationsbeschaffung, Unterhaltung und eCommerce verschwimmen zunehmend. Grosse Einzelhändler investieren massiv in hochwertige Medienangebote und Werbeplattformen (z.B. Digitec/Galaxus, Autodoc oder Walmart), während Social-Media-Plattformen verstärkt zu Verkaufsplattformen mutieren (z.B. TikTok verfügt unterdessen über 15 Mio. Händler weltweit). Diese Kommerzialisierung hat jedoch auch ihre Schattenseiten: Fast die Hälfte der Nutzer:innen empfindet das Online-Erlebnis zunehmend als aufgezwungenen Einkauf. Mit dieser übermässigen Monetarisierung von Informations- und Unterhaltungsinhalten riskieren die Unternehmen das Vertrauen der Konsument:innen.

Quellen: Dentsu Media Trends 2025, Accenture Life Trends 2025, Dachcom: Influencer Marketing Trends 2025.

Trend 6:
Sehnsucht nach realen Erlebnissen

«Social Rewilding» beschreibt die bewusste Bewegung hin zu authentischen Verbindungen und Erlebnissen in der realen Welt. Geprägt durch die Auswirkungen der Pandemie-Jahre, legen Menschen zunehmend Wert auf Tiefe und Sinnhaftigkeit in ihren Interaktionen. Es wird nach einem ausgewogenen Umgang mit Technologie gesucht, um «Doomscrolling» zu verhindern. Die Zunahme von E-Ink-Handys und Dumbphones sind sichtbare Ausprägungen dieses Trends. Dabei gewinnen Marken an Bedeutung, die ihre Online-Communities erfolgreich in echte Fürsprecher:innen im realen Kontext übersetzen können. Diese Verknüpfung von digitaler Reichweite und physischen Erlebnissen schafft bleibende Erinnerungen, ermöglicht langfristiges Engagement und neue Erlösmodelle.

Quellen: Wayfinder Trends Report 2025, Accenture Life Trends 2025, The State of Influence Report 2025 von Digital Voices.

Trend 7:
Leadership zwischen Autonomie und Kontrolle

45 % der Arbeitnehmer:innen in Deutschland stellten 2024 gemäss einer PwC-Studie eine höhere Arbeitsbelastung als in den Vorjahren fest. Der finanzielle Druck auf Führungskräfte hat vielerorts zu Team-Umstrukturierungen geführt. Mehr Entscheidungsbefugnis wurde wieder in der Hierarchie verortet. Dazu gehörten auch verstärkte Kontrollen und «Back-to-Office»-Weisungen. Doch diese hierarchischen Entscheidungsstrukturen verlangsamen die Arbeit von Teams und verringern deren Fähigkeit, sich an Veränderungen und Unsicherheiten anzupassen, stellte eine Studie der University of Mexico jüngst fest. Führungskräfte stehen unter Druck, zwischen Kontrolle und Team-Autonomie zu balancieren. 2025 verlangt nach einem neuen Führungsstil, der Flexibilität, Diversität und nachhaltige Personalentwicklung in den Fokus rückt.

Quellen: Gartner Technology Trends 2025, Accenture Life Trends 2025, Personio HR Trends Report 2025.

Trend 8:
Psychologische Sicherheit als Wettbewerbsvorteil

Je grösser der Fachkräftemangel, desto kreativer die Lösungen, um Talente anzuziehen und halten zu können. Personalisierte Benefits, wie flexible Arbeitszeitmodelle, Gesundheitsangebote oder massgeschneiderte Weiterbildungsprogramme, werden zum strategischen Vorteil für Organisationen. Die Realität in den Unternehmen weist aber oft in eine andere Richtung: mit Schwierigkeiten bei der Umsetzung einer gewünschten Unternehmenskultur. Gemäss dem Trend-Report von Gartner berichtet über die Hälfte der HR-Leiter:innen in einer Studie aus 60 Ländern, dass Führungskräfte die vorgegebenen Werte und Unternehmenskultur nicht effektiv vorleben. Die Zunahme von Burnouts und psychischen Belastungen sind Beweis dafür. VR-Mitglieder müssen konsequenter Werte vorleben, um eine positive Unternehmenskultur zu etablieren.

Quellen: LinkedIn Big Ideas 2025, Gartner Technology Trends 2025, journalism.co.uk Predictions 2025.

Portrait von Konrad Weber

Strategieberater und Foresight-Spezialist Konrad Weber ist ausgewiesener Experte für die Zukunft Medienwelt und alles, was mit ihr zusammenhängt: konradweber.ch.

Zusammen mit seinem Geschäftspartner Pirmin Meyer unterstützt Konrad Weber Unternehmen unter dem Begriff “Allyship” bei der Führungskräfte-Entwicklung auf dem Weg zu einer inklusiven Führungskultur.