Die Aufgabenschwerpunkte im Verwaltungsrat und die typischen Risiken für Krisen im Unternehmen können je nach der Reife des Unternehmens stark variieren. Dem Verwaltungsrat sollte deshalb bewusst sein, in welcher Lebensphase sich das Unternehmen als Ganzes befindet und allenfalls in welchen Lebensphasen sich Tochterunternehmen, wichtige Beteiligungen und möglicherweise sogar strategische Geschäftsfelder befinden, um die Risiko- und Strategie-Arbeit angemessen zu leisten.
Herausforderungen in unterschiedlichen Lebensphasen von Gesellschaften
Gründung / Start-Up:
Aufgabenschwerpunkte im Verwaltungsrat: Der Verwaltungsrat eines Start-ups konzentriert sich oft auf die strategische Ausrichtung des Unternehmens mit Fokus Verkauf, das Wachstumspotenzial, die Produktentwicklung und die Sicherstellung ausreichender Finanzierung. Zudem muss der Verwaltungsrat gelegentlich operativ einspringen, um Krisen zu bewältigen. Allerdings besteht ein StartUp-Verwaltungsrat oft aus dem operativen Gründerteam.
Typische Risiken für Krisen: Bei Start-ups sind typische Risiken unter anderem unzureichende Finanzierung, plötzliche Liquiditätsengpässe, zuwenig Fokus auf Vertrieb, Verkauf und Marketing, Marktunsicherheit, Probleme bei der Produktentwicklung und mangelnde Erfahrung in der Unternehmensführung sowie fehlende Checks and Balances.
Aktiengesellschaft in der Wachstumsphase:
Aufgabenschwerpunkte im Verwaltungsrat: In dieser Phase konzentriert sich der Verwaltungsrat auf die Skalierung des Unternehmens, die Erschliessung neuer Märkte, die Stärkung der Marktposition und die Sicherstellung einer effizienten Geschäftsführung und Organisation.
Typische Risiken für Krisen: Zu den Risiken gehören unter anderem Überdehnung der Ressourcen, unzureichende Anpassung der internen Prozesse an das Wachstum, Wettbewerbsdruck und potenzielle Marktvolatilität.
Reife Aktiengesellschaft:
Aufgabenschwerpunkte im Verwaltungsrat: Der Verwaltungsrat einer konsolidierten Aktiengesellschaft konzentriert sich auf die Optimierung der operativen Abläufe, die Maximierung der Rentabilität, das Risikomanagement und die Entwicklung langfristiger strategischer Pläne.
Typische Risiken für Krisen: Mögliche Risiken sind Marktveränderungen, Compliance-Probleme, Reputationsrisiken, technologische Disruption und unzureichende Anpassungsfähigkeit an sich ändernde Marktbedingungen.
Aktiengesellschaft in der Restrukturierung:
Aufgabenschwerpunkte im Verwaltungsrat: Der Verwaltungsrat fokussiert sich auf die Neuausrichtung des Unternehmens, die Optimierung der Kostenstruktur, die Stabilisierung der Finanzen und die Wiederherstellung des Vertrauens von Investoren und Kunden.
Typische Risiken für Krisen: Zu den Risiken gehören finanzielle Engpässe, Widerstand von Mitarbeitern und Stakeholdern, Rechtsstreitigkeiten, und Schwierigkeiten bei der Umsetzung von Restrukturierungsmassnahmen.
Aktiengesellschaft in der Nachfolge:
Aufgabenschwerpunkte im Verwaltungsrat: Der Verwaltungsrat konzentriert sich auf die reibungslose Übergabe der Unternehmensführung, die Sicherstellung der Kontinuität des Geschäftsbetriebs und die Bewältigung von eventuellen Familien- oder Eigentümerkonflikten.
Typische Risiken für Krisen: Zu den Risiken gehören Probleme bei der Nachfolgeplanung, interne Machtkämpfe, Verlust von Schlüsselpersonal und Unklarheiten bezüglich der langfristigen Strategie des Unternehmens.
Unterschiedliche Eigentümerstrukturen von Aktiengesellschaften
Die Aufgabenschwerpunkte im Verwaltungsrat können je nach der Art und Struktur des Unternehmens variieren. Folgende typischen Unterschiede für die Verwaltungsratstätigkeit gibt es je nach Eigentümerstruktur:
- Börsenkotiertes Unternehmen: Der Verwaltungsrat konzentriert sich oft stark auf die Einhaltung von Regulierungen und die Interessen der Aktionäre. Es kann eine erhöhte Aufmerksamkeit auf Finanzberichte, Compliance und die Kommunikation mit Investoren geben.
- Aktiengesellschaft im Streubesitz: In Unternehmen mit breitem Aktionärsstreuung kann der Verwaltungsrat eine Rolle bei der Vertretung der Interessen verschiedener Aktionäre spielen. Er sollte sich darauf konzentrieren, eine ausgewogene Unternehmensführung sicherzustellen, um das Vertrauen der Anleger zu erhalten und zu festigen.
- Aktiengesellschaft mit Partnerstruktur: In einer Firma, deren Aktionäre gleichzeitig als operative Partner tätig sind, liegt der Fokus des Verwaltungsrats darauf, eine ausgewogene und kooperative Beziehung zwischen den Aktionären als Eigentümern und als operativen Partnern zu fördern, um eine nachhaltige und erfolgreiche Geschäftstätigkeit sicherzustellen. Dabei sind die Governance-Strukturen unter den Partnern und über die verschiedenen Führungsebenen von besonderer Bedeutung.
- Inhabergeführte Aktiengesellschaft: Inhabergeführte Unternehmen können eher eine strategische und operative Ausrichtung haben, die stark von den Interessen und Zielen des Eigentümers geprägt wird. Der Verwaltungsrat konzentriert sich oft auf die Umsetzung der Vision des Eigentümers, die langfristige Strategie und die Sicherstellung der Rentabilität des Unternehmens.
- Aktiengesellschaft im Familienbesitz unter externer Leitung: Hier kann der Verwaltungsrat eine wichtige Rolle bei der Vermittlung zwischen Familieninteressen und den Bedürfnissen des Unternehmens spielen. Er könnte sich auf die Entwicklung von Governance-Strukturen konzentrieren, um Interessenkonflikte zu minimieren, sowie auf die Unterstützung bei der langfristigen Planung und der Sicherstellung einer professionellen Unternehmensführung.
Strategische Passung finden
Viele reifere Führungskräfte wünschen sich ein Verwaltungsratsmandat oder zwei. Tatsache ist jedoch: Es gibt sehr viel mehr Interessierte als vakante Mandate. Daher ist es für potenzielle Kandidatinnen und Kandidaten wichtig zu verstehen, welches ihre eigenen Beitragsschwerpunkte sind und wie sie in welcher Art von Unternehmen echten Mehrwert schaffen können. In der “Entwicklungsreise auf dem Weg in den Verwaltungsrat” leiten wir die Teilnehmenden in einem kleinen Entwicklungsteam über 12 Monate zu gezielten Reflektionen dazu an, ihr individuelles Profil zu klären und zu schärfen, damit sie als Top-Kandidaten in einer Begegnung oder Recherche rasch erkannt werden können.
Esther-Mirjam de Boer ist geschäftsleitende Teilhaberin der BRAINBOARDS AG – Board Advisory & Executive Search. Sie ist seit 22 Jahren selbständige Strategieberaterin und Sparring Partner für Top-Führungskräfte. Seit 15 Jahren ist sie selbst als Portfolio-Verwaltungsrätin tätig. Seit 9 Jahren berät sie Firmen aller Grössen und Branchen bei der Zusammensetzung und Suche nach geeigneten Mitgliedern in Verwaltungsräten und Geschäftsleitungen. Sie ist versierte Dozentin und Workshopleiterin und bringt zudem ihre Erfahrung aus Hunderten Board-Interviews und deren Debriefings mit ihren Kunden in die Zusammenarbeit ein.