Verhalten ändern – leichter gesagt als getan.

“Sie müssen halt den Mindset der Leute ändern!” Das ist ein geflügelter Satz, in Change-Prozessen, wenn es um die Veränderungen von Verhalten geht. Manch ein Verwaltungsrat blickt besorgt auf die Dynamik im Geschäftsleitungsteam, wenn sich statt strategische Anpassung operative Hektik breit gemacht hat. Wenn der strategische Kompass schwach geworden ist, fragt man sich “Warum nehmen sie sich nicht mehr Zeit für die Strategie?” oder “Warum fokussieren sie auf kurzfristige Ergebnisse, statt langfristigen Erfolg im Auge zu halten?”

Wie also geht Veränderung wirklich? Dafür muss man verstehen, was Entscheidungen in Teams prägt, die eher den gegenwärtigen Nutzen maximieren, anstatt langfristige Vorteile zu berücksichtigen. Die Verhaltensökonomie liefert dazu Antworten.

Begrenzte Aufmerksamkeit:

Unsere Aufmerksamkeit ist begrenzt und irgendwann ist es zu viel («Cognitive Overload»). Menschen sind keine Maschinen und werden schnell überfordert, wenn mehr Informationen auf sie einströmen, als sie gleichzeitig verarbeiten können.

Fokus auf das Aktuelle:

Der Fokus auf gegenwärtige Ereignisse («Present Focus Bias») gründet in unserem Naturell aus längst vergangenen Zeiten, auf unmittelbare Gefahren und Chancen zu reagieren um zu überleben. 

Begrenzte Geduld:

Unsere Geduld ist wie ein Muskel, der ermüden kann («Cognitive Fatigue»). Bei anhaltender Belastung erschöpft er, was zu impulsiven Entscheidungen führen kann, weil die vernünftige Entscheidungen mehr Kraft und Zeit kosten würden.

Abwertung zukünftiger Nutzen:

Die Neigung, den Nutzen in der Zukunft übermässig abzuwerten («Hyperbolic Discounting»), erklärt, warum kurzfristige Belohnungen oft höher bewertet werden als langfristige Gewinne.

Verklärte Wahrnehmung vergangener Entscheidungen:

Verhaltensweisen wie Überoptimismus, Rückblickverzerrung und Bestätigungsfehler («Overconfidence», «Hindsight Bias» & «Confirmation Bias») verleiten uns dazu, vergangene Entscheidungen zu beschönigen und Verantwortung anderen zuzuschieben.

Die Herausforderung guter Führung liegt darin, die natürlichen Veranlagungsmuster des menschlichen Verhaltens zu überwinden. In einer Welt, die von Informationen überflutet wird und in der der Fokus oft auf unmittelbaren Ergebnissen liegt, müssen Verwaltungsräte und Geschäftsleitungsteams Wege finden, die begrenzte Aufmerksamkeit bei sich und im Unternehmen systematisch zu managen, die Perspektive auf die Zukunft gezielt zu schärfen und die Geduld für nachhaltigen Erfolg grosszügig zu bewahren. Mit guten Entscheidungsarchitekturen – das ist eine Kombination aus Strukturen und Kultur – können Teams langfristig erfolgreich agieren und die anstehenden Herausforderungen im Unternehmen meistern. Wer dabei auf Evidenz statt Meinungen, Experimentieren statt Raten und Hinterfragen statt Bestätigen setzt, ist schon auf gutem Weg.

der Entscheidungsarchitekt und Verhaltensökonom Reto Blum ist Geschäftsleiter des Instituts für Entscheidungsgestaltung

Der Entscheidungsarchitekt Reto Blum ist Geschäftsführer des Instituts für Entscheidungsgestaltung, Buchautor und international gefragter Speaker. Mehr Informationen unter www.hddm.ch